„Survival of the Plan-est“… ?

Ulrike Hudelmaier 4926 (2,8x3,2) 300 dpi  Vor einigen Wochen befand ich mich in einer skurilen Situation. Als Unternehmerin, aber eben auch Gründungsberaterin in einem Kreis von Führungskräften sah ich mich gezwungen, das „Nicht-Planen“ zu verteidigen.

Wie das?

Ausschlaggebend war die Behauptung eines älteren Controller-Haudegens, dass schlicht „alles“ planbar sei und dass jedes Problem im Unternehmen immer Ergebnis einer schlechten Planung sei. „Survival of the Plan-est“, sozusagen.

„Hhm“, dachte ich mir. Diese Behauptung wollte ich so nicht stehen lassen. Noch sehr gut kann ich mich beispielsweise an die Situation 2008 erinnern, als der Weltwirtschaft von einem Tag auf den anderen sämtliche Gewissheiten wegbrachen.

Wir einigten uns dann schlussendlich darauf, dass es eben größere und kleinere „Unwägbarkeiten“ in der Planung gebe. Wegen mir, dachte ich mir – wenn man es so nennen will …

Aber im Ernst: Planung ist natürlich wichtig. Trotzdem sitzen mir häufig genug Gründerinnen oder Gründer gegenüber, die über der Aufgabe verzweifeln, ihre Geschäftstätigkeit genau planen zu sollen. „Woher soll ich denn wissen, was in 3 Jahren ist? Ich habe doch noch nicht einmal angefangen!?“ heißt es dann. Das stimmt natürlich.

Daher mein Rat: definieren Sie „Planung“ um.

Planung hat nichts mit einer Kristallkugel zu tun. Planung ist das Durchdenken von verschiedenen Situationen. Nennen Sie es „Szenarien aufstellen.“

Damit will ich, das betone ich hier noch einmal ausdrücklich, nichts gegen Planungen gesagt haben. Aber vor lauter Planen vergessen manche das wesentliche: die Praxis und ihre Kunden. Daher bin ich auch sehr gegen Subventionsprogramme, die Studierende für monatelanges Planen belohnen, ohne ihnen die Praxis zu ermöglichen.

Planen, ausprobieren, Plan ändern, weiter probieren, Plan erneut anpassen  etc.  – damit kommt man zum Ziel. Alles andere ist reine Theorie.

Trauen Sie sich also! Überlegen Sie: was passiert, wenn. Und dann probieren Sie es aus. Es wird wahrscheinlich ganz anders kommen, als gedacht, aber Sie lernen, welche Einflussfaktoren wichtig sind und welche nicht.

Um es etwas krass auszudrücken: die Anzahl der in 3 Jahren benötigten Rollen Klopapier ist wahrscheinlich nicht gar so wichtig, wird aber gerne (ich übertreibe nur wenig) hergenommen, weil es eine halbwegs abschätzbare Größe ist.

Im selben Plan wird dann der Umsatz per „Hockeyschlägerkurve“ dargestellt: zu Anfang eher flach und dann nach wenigen Jahren kommt ein rasant steiler Anstieg. Das ist das Ergebnis von exponentiellen Wachstumskurven, die sich rein rechnerisch im Businessplan ergeben. Und sie sind bisher noch nie, wirklich noch NIE, so eingetroffen.

Aber was soll man denn machen, wenn man keinerlei Ahnung hat, wie der Umsatz sich entwickeln wird? Ist da eine Annahme von „Jährlich x %“ nicht sinnvoll?

Nein. Aber Sie können so anfangen, solange Sie ihre Planung im Abstand von wenigen Monaten überarbeiten und die dann gewonnenen Erkenntnisse einfließen lassen. Damit relavitivert sich mancher übertriebene Ansatz, oft läuft es erheblich anders als geplant und das Wichtigste: Sie haben sich dadurch, dass Sie sich regelmäßig Gedanken machen, für die ungewisse Zukunft gewappnet und sind ganz sicher besser in der Lage, sich einer neuen Situation anzupassen.

Ich gebe zu, dass sich ein derartiger Ansatz noch nicht bei allen Banken herumgesprochen hat, aber doch bei den meisten. Bankfachleute fühlen sich mit realistischen, rollierend überarbeiteten Planungen erheblich wohler, als mit einem pflichtgemäß aufgestellten Businessplan, der dann nie wieder angeguckt wird.

Statt „Survival of the Plan-est“ also „Survival of the Fittest“ im ganz klassischen Sinne. Darwins Idee heißt gerade nicht, dass der Stärkste überlebt, sondern fast im Gegenteil: dass der am besten angepaßte es schafft. Planen Sie also regelmäßig, um sich ideal anpassen zu können.

In diesem Sinne, fröhliches Planen

Ihre

Ulrike Hudelmaier